Rede im Deutschen Bundestag zur Libyenpolitik
Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!
Heute beraten wie den Antrag der CDU/CSU-Fraktion „Libyen in den außenpolitischen Fokus nehmen - Rasche Parlaments- und Präsidentschaftswahlen herbeiführen.“ Auch dieses Mal liegt der Antrag hinter seinen Erwartungen zurück.
Einen Monat ist es nun her, dass der Osten Libyens von einer beispiellosen Flutkatastrophe heimgesucht wurde. Meine Gedanken sind nach wie vor bei den Angehörigen der über 11.000 Toten und den mehr als 30.000 Menschen, die jetzt vor dem Nichts stehen. Wir werden den Libyerinnen und Libyern auch weiterhin zur Seite stehen!
Ebenso wichtig ist die Wiederherstellung eines einheitlichen und demokratischen Systems in Libyen. Als Europäer haben wir großes Interesse an einer stabilen Partnerschaft mit unserem südlichen Nachbarn. Insbesondere in Fragen der Migrations-, Energie-, und Wirtschaftspolitik wird Libyen in Zukunft ein unerlässlicher Partner sein.
Für viele verzweifelte Menschen beginnt in Libyen die lebensgefährliche Flucht über das Mittelmeer. Dies ist ein unhaltbarer Zustand. Wir müssen ein klares Zeichen setzen. Die Flucht nach Europa und insbesondere nach Deutschland lohnt sich nicht. Die allermeisten Asylanträge werden abgelehnt. Stattdessen müssen wir den Menschen in Libyen als Partner zur Seite stehen, damit sie die Flucht nicht antreten müssen.
Das Land hat ein enormes Potenzial als Produzent von Energieträgern der Zukunft. Durch den Import von grünem Wasserstoff und E-Fuels werden wir als gleichberechtigter Partner gemeinsam die CO2-Emissionen senken.
Langfristig können wir diese Ziele nur erreichen, indem wir den Menschen in ihrer Heimat eine Perspektive in einem stabilen, demokratischen System ermöglichen. Und die Libyerinnen und Libyer wollen diese Perspektive!
Vor zwei Jahren verschrieben wir Freie Demokraten uns zusammen mit unseren Koalitionspartnern der Stabilisierung der Situation in Libyen. Diesem Ziel gehen wir in enger Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen und unseren Partnern in der Europäischen Union nach.
Die politische Realität ist allerdings komplex. Im Zuge des Arabischen Frühlings stürzte die libysche Bevölkerung den Diktator Gaddafi, in Hoffnung auf eine demokratische Zukunft. Doch diese Hoffnung versiegte.
Im Tripolis regiert der von den Vereinten Nationen anerkannte Übergangspräsident Dbeiba, welcher seit fast zwei Jahren die Neuwahlen auf unbestimmte Zeit verschiebt.
Der Osten wird de facto vom abtrünnigen General Haftar kontrolliert, dessen Macht durch die Unterstützung der Wagner-Söldner gefestigt wird. Auf dieser Grundlage kann es keine Kooperation geben. Diese Erkenntnis schmerzt. Wer mit den Söldnern eines blutrünstigen Diktators Putin zusammenarbeitet, kann von uns keine Solidarität einfordern.
Die Unterstützung der Ukraine in ihrem Kampf für ihre Freiheit hat für uns Freie Demokraten weiterhin oberste Priorität. Wir helfen damit der Ukraine bei der Verteidigung ihrer Freiheit und begrenzen gleichzeitig den Einfluss, den Russland in Afrika ausüben kann.
Im Rahmen der Mission EUNAVFOR MED IRINI beteiligt sich die Bundeswehr aktiv an der Durchsetzung des Waffenembargos gegen Libyen. Durch die Mandatsverlängerung im April leisten wir einen entscheidenden Beitrag zur Verhinderung einer erneuten Eskalation zwischen dem Osten und Westen des Landes.
Vielen Dank.