Rede im Bundestag zum Aufklärungseinsatz Sea Guardian im Mittelmeer
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Deutschland trägt Verantwortung sowohl in Europa als auch in der NATO. Was das im Einzelnen heißt, das lernen wir seit dem 24. Februar 2022 jeden Tag. Es kostet Geld, es bindet Kräfte und Kapazitäten, und es bringt für uns alle Verzicht mit sich. Aber es lohnt sich, weil wir jeden Tag sehen können, was es heißt, wenn Menschen auf ihre Freiheit verzichten müssen. Deshalb übernehmen wir Verantwortung.
Eine besondere Herausforderung der Zeitenwende besteht darin, dass wir uns sicherheitspolitisch nicht nur auf eine aktuelle Krise konzentrieren sollten. Wir müssen uns auch mit den Krisen auseinandersetzen, die vielleicht noch gar nicht ausgebrochen sind, die aber ausbrechen werden, wenn wir nicht jetzt handeln. Die Bedeutung der Mittelmeerregion für die Sicherheit unseres Kontinents ist immens. Deshalb ist es richtig, dass die Bundesregierung ihre Bündnisverantwortung ernst nimmt und unserer Bundeswehr für ein weiteres Jahr das Mandat für die Beteiligung an Sea-Guardian erteilt.
Wenn wir den aktuellen Mandatstext mit dem des Vorjahrs vergleichen, sehen wir, dass von unseren Soldatinnen und Soldaten wie zuvor im Wesentlichen routinemäßig Abfragen von Schiffen durchgeführt werden sollen. Diese Abfragen werden nicht einfach angeschaut und zu den Akten gelegt, sondern aus den gewonnenen Daten wird ein NATO-Lagebild für den gesamten Mittelmeerraum ermittelt. Da durch versetzen wir die angrenzenden Staaten in die Lage, maritimen Terrorismus frühzeitig zu erkennen und zu vereiteln. Mit dem Datenaustausch und der engen Abstimmung mit Staaten und Organisationen senden wir an potenzielle Schmuggler, Menschenhändler und Terroristen das Signal: Wir sind vor Ort, wir bleiben vor Ort, und wir sehen euch. Das, meine Damen und Herren, ist die Leistung unserer Soldatinnen und Soldaten. Das ist ein elementarer Beitrag für die Sicherheit auf dem Mittelmeer und damit auch für die Sicherheit an der Südflanke der NATO.
In diesen Tagen lesen wir wieder vermehrt von Flucht versuchen von Menschen aus der Subsahara-Region, die von Tunesien aus den Weg über das Mittelmeer antreten. Hier zeigt sich wieder: Wir brauchen dringend mehr geregelte Zuwanderung und weniger ungeregelte Zuwanderung. Das liegt in unserem Interesse und auch im Interesse derjenigen, die sich auf die lebensgefährliche Mittelmeerroute begeben. Seenotrettung ist humanitäre Pflicht. Auch hierzu leistet Sea-Guardian einen Beitrag. Je instabiler die Situation an den Grenzen unseres Kontinents, desto wichtiger wird unser Einsatz für Freiheit und Menschenrechte weltweit. Dies gilt für Libyen und Tunesien ebenso wie für die Ägäis und den Libanon.
Natürlich entlässt uns das nicht aus der außenpolitischen Pflicht, Verantwortung zu übernehmen und alle Kanäle zu nutzen, um die Ursachen von Flucht, Menschenhandel
und Terrorismus zu bekämpfen. Umso wichtiger ist die Präsenz der Bundeswehr und das Zusammentragen strategisch relevanter Informationen. So sorgen wir praktisch für Stabilität und Sicherheit.
Diese Sicherheit betrifft darüber hinaus natürlich auch unsere eigenen Handelswege und damit auch unsere Wirtschaft. Hierauf können und wollen wir nicht verzichten.
Sie sehen also: Es gibt genügend Gründe, sich als Deutscher Bundestag geschlossen hinter die Mission zu stellen und ihr politisch den Rücken zu stärken. Das sind wir sowohl unseren Soldatinnen und Soldaten schuldig als auch all den Menschen in der Region, die von einem sicheren Mittelmeerraum profitieren. In diesem Sinne bitte ich Sie um eine breite Zustimmung für die Verlängerung des Mandats bis einschließlich März 2024.
Herzlichen Dank.