Rede im Bundestag zum AfD-Antrag "Folgen von Massenmigration, Wohnungsnot und Stadt-Land-Flucht"
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir diskutieren heute den Antrag der AfD- Fraktion zum ländlichen Raum. Und – Überraschung! –: Wieder will die AfD die Flüchtlinge zum Sündenbock machen, wieder zeigt die AfD ihre einfältige Meinungsmache gegen Menschen, die bei uns Schutz suchen, und wieder will die AfD mit falschen Behauptungen unsere Gesellschaft spalten. „Spalten“, genau. Sie haben mich richtig verstanden.
Sie schreiben in Ihrem Antrag, dass viele Familien mit Kindern sich dazu entschließen, in ländliche Räume zu ziehen, natürlich aufgrund der Flüchtlinge, wie Sie sagen, weil sie deutsche Familien aus der Multikultigroßstadt verdrängen. Das ist Unsinn.
Tatsache ist doch, dass die Attraktivität des ländlichen Raumes seit Jahren steigt. Der Breitbandausbau schreitet mit großen Schritten voran, die öffentliche Infrastruktur funktioniert, und in ländlichen Räumen gibt es viel ungenutzten Wohnraum. Fakt ist doch, dass wir in Deutschland keinen Wohnraummangel haben. Der Wohnraum ist nur ungleich verteilt. So beschreibt der Deutsche Städte- und Gemeindebund, dass auf dem Land über 1,8 Millionen Wohnungen leer stehen, wovon 600 000 Wohnungen sofort verfügbar wären. Dieses Potenzial auf dem Land müssen wir nutzen.
Der ländliche Raum wird immer attraktiver für junge Familien. Als FDP-Fraktion sehen wir diese Entwicklung sehr positiv. Sie zeigt doch, dass unsere Bemühungen in der Ampelkoalition, den ländlichen Raum attraktiver zu machen, wirksam sind. Im vergangenen Jahr haben wir 9,5 Milliarden Euro in den Ausbau der Bundesschienenwege investiert. Gleichzeitig macht Minister Wissing mit dem Deutschlandticket den ÖPNV attraktiver. Hierfür wird jährlich ein Betrag von 1,5 Milliarden Euro vom Bund bereitgestellt. Die Investitionen in den flächendeckenden Breitbandausbau werden 2023 massiv steigen und dann bei circa 730 Millionen Euro liegen. Insgesamt investieren wir allein in diesem Jahr mehr als 1,2 Milliarden Euro in die digitale Infrastruktur in Deutschland.
Aber: Wir wissen selbst, dass das noch nicht ausreicht. Um wirklich frei entscheiden zu können, ob man auf dem Land oder in der Stadt wohnen möchte, braucht es gleichwertige Verhältnisse zwischen urbanen Gebieten und dem ländlichen Raum. Diese Gleichwertigkeit hängt von verschiedenen Fragen ab, zum Beispiel von der Frage, ob ein junger Mensch sein Start-up auch digital auf dem Land gründen kann, oder davon, ob vor allem ältere Menschen einen schnellen Zugang zu Ärzten haben oder bei jedem Arztbesuch eine Stunde in die nächste Stadt fahren müssen. Und: Es hängt davon ab, ob Familien ausreichend Plätze in Kitas und Schulen, genügend Sportplätze und Schwimmbäder vorfinden. Hier müssen wir noch mehr tun; das ist uns allen klar.
Mobilität bedeutet Freiheit für die Menschen auf dem Land. Daher wollen wir einen besseren und moderneren ÖPNV mit schlanker Verwaltung statt mit Gratismentalität.
Die Coronapandemie hat gezeigt, dass viele Termine nicht in Präsenz stattfinden müssen. Homeoffice spart lange Wege in den Betrieb, schont Mensch und Natur und macht damit den ländlichen Raum noch attraktiver. Es funktioniert aber nur, wenn während der Onlinemeetings nicht plötzlich das Internet stockt. Deshalb wollen wir 5G an wirklich jeder Milchkanne.
Die Förderung strukturschwacher Kommunen ist für uns ein zentrales Anliegen. Wir dürfen die Menschen auch in diesen Regionen nicht alleine lassen. Deshalb haben wir verschiedene Förderprogramme für die Kommunen aufgelegt, so zum Beispiel ein Bundesförderprogramm in Höhe von 400 Millionen Euro für die Sanierung kommunaler Einrichtungen in den Bereichen Sport, Jugend und Kultur.
All diese Maßnahmen sind echte Schritte, um die Kommunen in den ländlichen Räumen attraktiver zu machen und zukunftsfit aufzustellen. Wir als Ampel sind schon auf einem guten Weg. Lassen Sie uns gemeinsam dafür arbeiten, dass wir in diesem Punkte schnell vorankommen.