Rainer Semet

Freiheitsbewegung im Iran: Die Proteste und was jetzt zu tun ist

Was wir seit dem Tod von Mahsa Amini vor etwa drei Wochen im Iran sehen und hören, ist eine Revolution. Als Außenpolitiker, als Liberalen, vor allem aber als freien Bürger und Menschen beschäftigt mich das sehr. Der Kampf der Iranerinnen und Iraner für Freiheit und eine selbstbestimmte Zukunft ist für mich Inspiration und Auftrag zugleich. In der zurückliegenden Sitzungswoche hatte ich im Plenum des Deutschen Bundestags die Möglichkeit, mich zu diesem Thema zu äußern.  

Hin und wieder kann man den Eindruck gewinnen, Diplomatie bestehe nur aus Worten, erreichen könne man wenig. Hier zeigt sich einmal, dass das nicht so ist. Mein Appell an die Abgeordneten des Bundestages und die Menschen in unserem Land: Machen wir die Freiheitsbewegung im Iran sichtbar, machen wir sie groß und stark. Diskutieren und berichten wir darüber. Wenn Politik und Gesellschaft sich über das Ziel einig sind und gegen diejenigen Druck ausüben, die Leid verursachen und Freiheit einschränken, dann macht das einen großen Unterschied.

Für uns als Freie Demokraten habe ich klargestellt: Überall dort, wo Menschen ihre Freiheit gegen mittelalterliche Regime erkämpfen, sind wir als Verbündete zur Stelle.

Man kann sich fragen: Warum ist der Aufschrei angesichts der Menschen im Iran so groß und anderswo auf der Welt können autokratische, frauenfeindliche Machthaber weiter schalten und walten, ohne dass wir darüber sprechen. Der Grund ist: Von den mutigen Protesten im Iran geht eine enorme Symbolwirkung aus. Gelingt eine Revolution im Iran, bedeutet das eine Schwächung von Diktaturen weltweit. Sichtbarkeit und Lautstärke sind hierfür der Schlüssel. Seit der gemäßigte Präsident Rohani 2021 nicht wiedergewählt werden durfte, sind unter Ebrahim Raisi alle Hoffnungen der Menschen auf eine Liberalisierung des Systems verflogen. Daher sagen sie: „Weg mit dem System, nieder mit der Diktatur.“ Gerade wenige Tage nach dem Tag der deutschen Einheit möchte ich sagen: Es ist in erster Linie etwas Gutes, wenn sich der Wunsch nach Freiheit bahnbricht und Menschen dafür kämpfen.

Natürlich ergreifen wir als deutsche Außenpolitik auch weitere Maßnahmen, um zu unterstützen. So setzt sich die Bundesregierung für noch schärfere EU-Sanktionen ein, als ohnehin schon gegen den Iran in Kraft sind.  Wichtig ist, dass wir dabei diejenigen treffen, die von dem System profitieren und es stützen. Gerade die von ihnen, die sich hier bei uns in Deutschland aufhalten.

In meinen Augen sollte auch das Einfrieren der Verhandlungen des Nuklearabkommens mit dem Iran in Betracht gezogen werden. Mit diesem Regime lassen sich gegenwärtig keine Gespräche auf Augenhöhe führen.

In Berlin wird im Rahmen dieser Debatte viel über Begrifflichkeiten gestritten. Von links heißt es, Außenpolitik sei „ihrer Identität nach feministisch“. Aus der CDU möchte man neuerdings „frauenorientierte Außenpolitik“ für sich vereinnahmen.

Meine Haltung dazu ist klar: Frauenrechte sind Menschenrechte. Wo Menschenrechte eingeschränkt werden, halten wir entschlossen dagegen. Wenn das feministisch ist, dann ist es auch der Liberalismus.

Ihr

Rainer Semet